Das Ende der Globalisierung, wie wir sie kannten

Trumps Zollpolitik markiert einen radikalen Wendepunkt. Das Ende einer Ära der Ausweitung von Märkten, der Beginn einer neuen Weltordnung.

Der große österreichisch-ungarische Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi hat in seinem 1944 erschienenen Buch „Die große Transformation“ beschrieben, dass die ungezügelte Liberalisierung der Märkte auf Dauer einen unerträglichen Druck auf Mensch und Umwelt ausübt. Denn wenn alles zur Ware wird – Arbeitskraft, Kultur und Natur – kommt es zu sozialen und ökonomischen Verwerfungen. Genau das haben wir in den letzten Jahrzehnten erlebt.

Das Steak kommt aus Argentinien, der Nike-Laufschuh aus Vietnam, die Rohstoffe aus aller Welt. Die Salami aus Ungarn wird von Schlachthofmitarbeiterïnnen aus Pakistan hergestellt, weil die Ungarn am Arlberg als Tellerwäscherïnnen und Frühstücksköchïnnen arbeiten, damit die Gäste aus den USA mit guter Unterlage Ski fahren können. Die Welt ist globalisiert wie nie zuvor, das hat Vorteile, aber auch Nachteile. Die Hyperglobalisierung setzt Arbeiterïnnen, Unternehmerïnnen und bäuerliche Familien weltweit unter Druck, zwingt Staaten in einen Steuer- und Lohnwettbewerb und belastet Umwelt, Biodiversität und unsere Lebensgrundlagen.

Polanyi hat auch beschrieben, dass auf die Entfesselung des Marktes immer eine Gegenbewegung folgt. Gesellschaften suchen Schutz – entweder durch demokratische Lösungen wie das schwedische ‚Folkhemmet‘ („Volksheim“), das die Vision einer solidarischen Gesellschaft symbolisierte, in der der Staat eine zentrale Rolle bei der Gewährleistung sozialer Sicherheit und Gleichheit spielte – oder durch autoritäre Antworten, die Sündenböcke benennen, sich nach innen abschotten und oft schlussendlich in Faschismus und Zerstörung kippen.

Trump versucht mit aller Macht, die Produktion von Nike-Sportartikeln aus Vietnam in die USA zurückzuholen. Er versucht, die Globalisierung mit Zöllen und Abschottung zurückzudrehen und die USA auf einen harten Isolationskurs zu bringen. Ob das ökonomisch funktioniert, ist ungewiss. Sicher ist aber, dass er und die Oligarchenbande die USA zu einer autoritären Gesellschaft umbauen wollen.

Dieser Umbruch ist aber auch eine Chance, globalisierte Märkte und multinationale Konzerne ein Stück weit zurückzudrängen und mehr Demokratie und Kontrolle über relevante Lebensbereiche zu erlangen.

Wir können eine Welt gestalten, in der uns nicht Tech-Giganten die Aufmerksamkeit stehlen und Handelsriesen zum Niedergang unserer Einkaufsstraßen beitragen. Eine Welt, in der wir demokratisch über die Algorithmen unserer digitalen Infrastruktur entscheiden, eine Welt, in der wir Handelskonzerne fair besteuern. Eine Welt, in der der demokratische Souverän mehr Kontrolle und Gestaltungsmöglichkeiten hat.

Statt mit einer radikalen Kürzungspolitik die österreichische Wirtschaft abzuwürgen, wäre es klug, bei fossilen Steinzeitprojekten (A26, Lobautunnel) zu sparen, kontraproduktive Förderungen (Dieselprivileg, Pendlerpauschale) abzubauen und vor allem von den Vermögenden einen Solidarbeitrag zur Entlastung des Schuldendienstes und für Investitionen einzufordern.

Gleichzeitig müssen wir aber mit massiven Investitionen den Umbau unserer Wirtschaft vorantreiben und mit einem starken, modernen Sozialstaat für sozialen Zusammenhalt und Gerechtigkeit sorgen.

Das bedeutet Investitionen in eine europäische digitale Infrastruktur, um unabhängig von Tech-Oligarchen zu werden, sowie massive Investitionen in Bildung, Gesundheit und öffentliche Infrastruktur. Für eine sozial-ökologische Transformation in Energie, Industrie und Mobilität. Klotzen, nicht kleckern.

Schweden hat in den 1930er Jahren gezeigt, dass ein demokratischer und sozialer Weg aus der Krise möglich ist. Diese Verbindung von individueller Freiheit, demokratischer Pluralität und sozialer Sicherheit ist die Quintessenz der europäischen Erfolgsgeschichte. Jetzt ist es an uns, diesen Weg neu zu interpretieren und mutig zu gestalten. Sonst riskieren wir Wohlstandsverluste und den Rückfall in eine autoritäre Gesellschaft.

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