Linz gegen Leerstand: Mit der Belebung von Erdgeschoßzonen wird das Stadtbild attraktiviert und das subjektive Sicherheitsgefühl gehoben. Wie mit einem Vermietungsmodell mehr leistbarer Raum uA. für Kleingewerbe, Vereine, (Co-Working)-Büros geschaffen werden soll.
Trostlosigkeit senkt das subjektive Sicherheitsgefühl
Sowohl in den klassischen Einkaufsstraßen wie der Landstraße, der Urfahraner Hauptstraße oder der Wiener Straße, als auch in deren Seitengassen und in den historischen Zentren der Stadtteile – etwa in Ebelsberg oder Kleinmünchen – stehen viele Erdgeschoßlokale und Geschäftsräumlichkeiten leer. Die Ursachen für leerstehende Geschäftsräume in den Erdgeschoßzonen sind vielfältig. Eines ist jedoch klar: Egal, ob in einer A-, B- oder C-Lage – wenn Schaufenster verwaist sind und der Leerstand überhandnimmt, entsteht rasch der Eindruck von Niedergang und Trostlosigkeit. Das subjektive Sicherheitsgefühl schwindet. Aus diesem Grund liegt es im öffentlichen Interesse, die Erdgeschoßzonen zu beleben. Die öffentliche Hand ist daher gefordert, die Transformation der Erdgeschoßzonen aktiv zu begleiten.
Ursachen des Leerstands in den Linzer Straßen und Gassen
Um wirksam gegen den Leerstand in Linz vorgehen zu können, gilt es die Ursachen und Zusammenhänge verstehen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lässt sich ein Bild zeichnen, das sowohl hausgemachte Faktoren als auch globale Entwicklungen umfasst: Dazu zählen …
- Strukturwandel im Handel
- Gedämpfte wirtschaftliche Rahmenbedingungen
- fehlende Aufenthaltsqualitäten aufgrund hoher Verkehrsbelastung (zB. Ebelsberg, Kleinmünchen, Urfahraner Hauptstraße)
- Überhöhte Mietpreise
- Überdurchschnittlich viele Verkaufsflächen im europäischen Vergleich
- Sanierungsbedarf und hohe Investitionskosten
- Juristische (MRG) und steuerliche Rahmenbedingungen
- Aufwand und Risiko im Vermietungsgeschäft
- Finanzielle Unabhängigkeit mancher Eigentümerïnnen
- Persönliche Umstände der Eigentümerïnnen
- Unattraktives Umfeld wie in der südlichen Landstraße

Gesamtmodell zur Belebung der Erdgeschoßzonen
So vielschichtig die Herausforderungen im Zusammenhang mit leerstehenden ebenerdigen Geschäftsflächen sind, so ganzheitlich müssen auch die Lösungsansätze sein. Es braucht ein Gesamtmodell, um die Transformation und Belebung der Erdgeschoßzonen durch die öffentliche Hand zu unterstützen. Dieses sollte unter anderem eine umfassende Leerstanderhebung und eine Leerstandsabgabe für Geschäftsräumlichkeiten (als negativen Sanktionsmechanismus) sowie ein Leerstandsmanagement, Beratungsangebote und wirtschaftlich attraktive Rahmenbedingungen für die Sanierung der Erdgeschoßzonen beinhalten. Ein weiterer Grund für Leerstand ist, dass das Vermieten einer leerstehenden Geschäftsräumlichkeit oder eines Gassenlokals mit organisatorischem Aufwand und einem gewissen Risiko verbunden ist. Manche Eigentümerïnnen schrecken davor zurück, da sie mangelnde Zahlungsdisziplin der Mieterïnnen, Schäden am Objekt oder Rechtsstreitigkeiten befürchten.
Mit dem Antrag wollen wir uns auf diesen Aspekt fokussieren und eine Brücke schlagen: Eigentümerïnnen sollen Sicherheit bekommen, während (gemeinwohlorientierte) Initiativen und Kleinunternehmerïnnen Zugang zu leistbaren Immobilien erhalten. Der Benefit der Stadt liegt in einer Belebung der städtischen Straßen und Gassen und einer Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls. Der Strukturwandel im Handel ist unumkehrbar: Onlinehandel und Einkaufszentren bleiben Realität.
„Je schneller wir uns von der Vorstellung lösen, dass die früheren Handelsflächen, insbesondere in weniger attraktiven Lagen, wieder mit stationärem Handel gefüllt werden, desto besser.“
Gemeinderat Clemens Brandstetter (Ahoi Linz)
Vielfältige Möglichkeiten für konventionelle Geschäftsflächen
Das Ziel muss daher sein, neue Nutzungsformen jenseits des Handels in die Erdgeschoßzonen zu bringen. Vorstellbar sind beispielsweise Vereine, Ateliers, Ruheräume, Repair-Cafés, (Co-Working-)Büros, Paketdienste, Food Coops, etc. Sie alle eint, dass sie eine auf lukrativen Handel ausgerichtete Geschäftsmiete nicht leisten können. Genau hier setzt dieser Antrag an. Wir verfügen über eine gewachsene, vielfältige Stadtstruktur, die – von der Innenstadt bis zu den historischen Ortszentren – eine gute Grundlage für eine einzigartigen urbanen Flair bietet. Damit dieses Potenzial wirksam werden kann, müssen die derzeit leerstehenden Erdgeschoßzonen wieder aktiviert werden. Dabei ist nicht die Rückkehr des klassischen Handels entscheidend, sondern die Entwicklung neuer, vielfältiger Nutzungen, die den öffentlichen Raum beleben und das städtische Leben stärken. So kann eine Linzer Identität entstehen, die sich durch lokale Eigenständigkeit und Lebendigkeit auszeichnet und die weder online noch im Einkaufszentrum reproduzierbar ist. Die Stärke von Linz ist Linz.
Von Vorarlberg lernen: Modell „Sicher Vermieten“ adaptieren
Auch wenn Geschäftsleerstand anders funktioniert als Wohnungsleerstand, lohnt sich ein Blick nach Vorarlberg. Dort gibt es nicht nur eine Leerstandsabgabe auf Wohnimmobilien, Vorarlberg setzt mit dem Programm „Sicher vermieten“ auch positive Anreize zur Vermietung von Wohnimmobilien. Dieses Programm wurde 2016 in der Stadt Dornbirn als Pilotprojekt gestartet und sukzessive auf Vorarlberg ausgeweitet. Das Land übernimmt dabei mit weiteren Projektpartnern die Mietersuche, die Vertragserstellung und die Mietverwaltung. Das Programm garantiert den Vermieterïnnen die pünktliche Überweisung von Miete und Betriebskosten sowie eine Kostenübernahme bei gerichtlichen Verfahren. Im Gegenzug wird ein gedeckelter Mietzins vorgeschrieben, der unter den Marktpreisen liegt. Ein angepasstes Programm für Geschäftsräumlichkeiten könnte Leerstand reduzieren, leistbare Räume für Initiativen schaffen und die Stadtteile beleben. Gerade in den Erdgeschoßzonen können neue Geschäfte, Vereine und Initiativen die lokale Wirtschaft ankurbeln.
Wo Leben in die Stadt zurückkehrt, steigt auch das Sicherheitsgefühl der Menschen.
Das „Sicher vermieten“-Modell adaptiert für Geschäftsräumlichkeiten wäre daher nicht nur ein Impuls für eine lebendige Stadt und attraktive Stadtteile, sondern auch ein Impuls für eine sichere Stadt. In Anlehnung an das Vorarlberger Modell schlagen wir daher die Entwicklung eines für den hiesigen Markt zugeschnittenen Konzepts vor, um in Kooperation mit relevanten Stakeholdern ein wirksames Anreizmodell zur Reaktivierung und Neuvermietung leerstehender Geschäftsflächen zu entwickeln.
Der Antragstext im Wortlaut:
„Der für Wirtschaft und Finanzen zuständige Stadtrat Thomas Gegenhuber wird aufgefordert, nach Vorarlberger Vorbild ein Programm zu entwickeln, das es Eigentümerïnnen ermöglicht, ihre leerstehenden Geschäftsräumlichkeiten mit geringem Risiko mit der Gegenleistung eines gedeckelten Mietzinses unterhalb des Marktpreises zu vermieten.“
Weiterführende Informationen, Links & Downloads



